18. Oktober 2020
BMF-Beirat muss Protokolle rausgeben
Ein weiterer wichtiger Schritt für die Informationsfreiheit: Das Verwaltungsgericht Berlin hat auf unsere Klage hin entschieden, dass das Bundesfinanzministerium die Sitzungsprotokolle seines wissenschaftlichen Beirats herausgeben muss.
Der wissenschaftliche Beirat berät das Bundesministerium für Finanzen (BMF) zu aktuellen Themen der Finanzpolitik. Hierzu veröffentlicht er regelmäßig Gutachten und Stellungnahmen, tagt jedoch nicht öffentlich.
Satzungsänderung zur Umgehung des IFG
Unser Mandant hatte über die Transparenzplattform FragDenStaat um Herausgabe der Sitzungsprotokolle dieses Beirats von 1998 bis 2018 gebeten. Das BMF lehnte den Antrag unter Verweis auf die Satzung des Beirats ab. Darin heißt es, dass die Zusammenarbeit im Beirat auf Vertraulichkeit beruht. Dies stelle eine durch Rechtsvorschrift geregelte Vertraulichkeitspflicht dar, die dem grundsätzlich bestehenden Anspruch entgegengehalten werden könne. Außerdem begründe die Satzung ein besonderes Amtsgeheimnis.
Die Satzung hatte das BMF kurz vor dem Antrag unseres Mandanten noch geändert, um die Geheimhaltung der Protokolle sicherzustellen. Unsere Klage basierte auf der Annahme, dass es nicht ausreichend ist, ohne gesetzliche Grundlage bestimmte Unterlagen für geheim zu erklären. Im Ergebnis würde das dazu führen, dass die Behörde selbst bestimmt, wie weit ihre Verpflichtung nach dem Informationsfreiheitsgesetz geht.
VG Berlin: Ministerium muss Protokolle rausgeben
So sieht es offensichtlich auch das VG Berlin. Mit Urteil vom 4. Juli 2019 (Az. 2 K 178.18) hat es unserem Antrag auf Herausgabe der Sitzungsprotokolle – bei Schwärzung bestimmter personenbezogenen Daten – vollumfänglich stattgegeben. In Bezug auf die Herausgabe der ungeschwärzten Teilnehmerlisten der jeweiligen Protokolle erging ein sogenanntes Bescheidungsurteil. Das BMF muss nun zunächst ein Drittbeteiligungsverfahren durchführen, also den betroffenen Personen Gelegenheit zur Stellungnahme geben. Auch in der mündlichen Verhandlung neu vorgebrachte Ausschlussgründe, wie die Beeinträchtigung behördlicher Beratungen, überzeugten das VG nicht.
Berufung beim OVG anhängig
Da das BMF Berufung eingelegt hat, ist der Fall inzwischen beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (Az. 12 B 11.19) anhängig.
Das Urteil ist auch deshalb bedeutsam, weil es für die Unterlagen weiterer Beratungsgremien, darunter über 100 Beiräte der Bundesregierung, wegweisend sein könnte.
Mehr Informationen auf bei unseren Kooperationspartnern FragDenStaat und der Gesellschaft für Freiheitsrechte.
Presse
detektor.fm (9.7.2019): „Mehr Transparenz heißt mehr Probleme“
Netzpolitik.org (12.7.2019): Verwaltungsgericht: Ministerien müssen Protokolle von Beiräten herausgeben
heise online (12.7.2019): Urteil zur Informationsfreiheit: Ministerium muss Beiratsprotokolle herausgeben