30. November 2022
IFG-Tour I: Der Netzwerk Recherche Jahreskongress
Wie profitiert Journalismus von Informationszugangsrechten? Und wie können sie noch besser genutzt werden? Wir waren auf dem Jahreskongress des netzwerk recherche zu Gast und haben Tipps für die effektive Durchsetzung von Auskunftsansprüchen gegeben.
20 Jahre Bildungsarbeit
Das Jahr 2022 ist ein Jahr, in dem einige Veranstaltungen aus dem virtuellen Raum wieder in die Präsenz zurückgefunden haben – so auch die Konferenz des netzwerk recherche e.V., die nach zweijähriger Pause am Wochenende vom 30. September in Hamburg stattfand.
netzwerk recherche leistet seit 2001 Bildungsarbeit im Bereich Journalismus und Medienkultur. Der Jahreskongress ist dabei ein wichtiges Forum für Vernetzung und Wissensaustausch. Er ist seit seinem ersten Stattfinden vor 20 Jahren größer, länger und vielfältiger geworden. Die Themenfelder reichen von Recherchepraxis über Lokaljournalismus, Klima-Journalismus bis hin zum Datenjournalismus; an Arndt Ginzel wurde der Leuchtturm-Preis für besondere publizistische Leistungen verliehen, Tesla wiederum wurde mit der Verschlossenen Auster für Auskunftsverweigerer in Politik und Wirtschaft „geehrt“ – und lesen konnte man von alldem in der Konferenzzeitung Nestbeschmutzer.
Jura und Journalismus
Unser Workshop reihte sich ein in ein Panelfeld, dass sich der rechtlichen Sphäre journalistischer Arbeit widmete. Dass journalistische Arbeit immer auch von juristischen Fragen flankiert wird, zeigt sich vor allem dort, wo Journalist*innen wegen ihrer Berichterstattung mit rechtlichen Konsequenzen rechnen müssen. Auf dem Kongress schulten Kolleg*innen deshalb beispielsweise zum Unterschied zwischen Tatsachenbehauptung und Meinungsäußerung oder zur Verdachtsberichterstattung.
Aber nicht nur die rechtlichen Konsequenzen, sondern auch die rechtlichen Grundlagen, die Recherche ermöglichen können, sind ein Ort, an dem Recht und Journalismus sich verschränken. In unserem Workshop zu Auskunftsansprüchen haben wir zum Einen die Anspruchsgrundlagen, auf die man sich für seine Recherche berufen kann, vorgestellt. Zum anderen wollten wir praktische Tipps im Umgang mit Behörden an Journalist*innen weitergeben, um den Zugang zu gewünschten Informationen zu erleichtern.
Der Bedarf ist da, der Weg steinig
Dass mehr Menschen als Stühle im Raum waren, zeigt, dass das Thema keineswegs ausgeschöpft ist. Im Gegenteil: Die zahlreichen Rückfragen zeugen von einem erheblichen Informationsbedarf. Das ist einerseits erfreulich, klar wurde aber ebenfalls: Auch dort, wo verschiedene Auskunftsansprüche bereits genutzt werden, erweist sich das Verfahren häufig als zäh und langwierig und damit herausfordernd für journalistische Arbeit. Auch sichtbar: Viele Auskunftsbegehren passieren auf Landes- oder Gemeindeebene – die landesspezifischen Regelungen variieren in ihrem Grad an Transparenz jedoch erheblich, Kommunen sind teilweise komplett ausgenommen von der Verpflichtung, Informationen zugänglich zu machen.
Auf dem Weg zur Transparenz
Gute journalistische Arbeit braucht jedoch gute Recherchemöglichkeiten.
Auf dem Weg zur Transparenz ist man also keineswegs am Ziel. Kurz nach dem Kongress – am 6. Oktober – hat netzwerk recherche mit weiteren Bündnispartnern einen Vorschlag für ein Bundestransparenzgesetz überreicht – fast 20 Jahre nach dem Entwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz.
Vor dem Hintergrund freuen wir uns, dass wir beim diesjährigen nr-Kongress dabei sein konnten und bedanken uns vor allem bei allen Helfer*innen die das ermöglicht haben. Die Folien zu unserem Vortrag gibt es hier.