3. Oktober 2021
Rassistischer Vorfall: Polizei verweigert Auskunft
In Freiburg soll ein Polizeibeamter an einer rassistischen Hetzjagd beteiligt gewesen sein. Das Polizeipräsidium verweigert die Auskunft. Wir klagen.
Am 12. Juni 2021 soll es in Freiburg zu einer rassistischen Hetzjagd gekommen sein. Mehrere Personen sollen einen lettischen Staatsbürger bedroht, geschlagen und beleidigt haben. Mit dabei: Zwei Beamte des Polizeipräsidiums Freiburg; gegen einen von ihnen wird ermittelt. Er soll unter anderem „Ausländer raus“ gerufen haben. Das Polizeipräsidium sprach von „Erkenntnisse[n] hinsichtlich eines rassistisch motivierten bzw. eines diskriminierenden Verhaltens durch einen Polizeibeamten des Polizeipräsidiums Freiburg“ und kündigte an, den Vorfall lücken- und vorbehaltslos aufzuklären.
Wie ernst es die Polizei mit dieser Aufklärung nimmt, zeigte sich wenig später. Die Polizei verweigerte Radio Dreyeckland die Auskunft zu Organisationseinheit und Aufgaben des beschuldigten Beamten, obwohl Rundfunkveranstalter nach dem Landesmediengesetz Baden-Württemberg und dem Medienstaatsvertrag einen Anspruch auf Auskunft von Behörden haben.
Nachdem wir für den freien Radiosender einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht gestellt hatten, berief sich das Polizeipräsidium plötzlich auf den Datenschutz. Die Informationen würden dazu führen, dass der beschuldigte Polizeibeamte identifiziert werden könne. Dabei hat Radio Dreyeckland nie nach dem Namen gefragt. Es ging dem Sender vielmehr darum, rassistische Strukturen innerhalb der Polizei aufzudecken.
Das Verwaltungsgericht Freiburg folgte dennoch der Argumentation der Polizei und lehnte den Eilantrag ab. Hiergegen haben wir inzwischen Beschwerde zum Verwaltungsgerichtshof eingereicht. In der Begründung weisen wir darauf hin, dass der Polizeibeamte allenfalls für einen sehr kleinen Kreis von Kolleg*innen anhand der erfragten Informationen identifizierbar sein dürfte. Zudem überwiegt eindeutig das öffentliche Interesse. Rassismus in der Polizei ist ein bekanntes Problem, auch wenn Bundesinnenminister Seehofer es gerne leugnet. Es gehört zur Kernaufgabe von Rundfunk und Presse dieses Problem zu beleuchten und rassistische Strukturen in Behörden aufzudecken.
Presse
Radio Dreyeckland (18. Juni 2021), Interview mit dem Betroffenen der rassistischen Hetzjagd
Badische Zeitung (19. Juni 2021): Polizist an fremdenfeindlichen Angriff in Freiburg beteiligt
ZEIT ONLINE (19. Juni 2021): „Niemand hat mir geholfen“
Radio Dreyeckland (5. August 2021): Verwaltungsgericht verkennt Bedeutung der Pressefreiheit zur Aufklärung von Rassismus in der Polizei
nd (8. August 2021): Keine Auskunft über rassistische Polizisten